Lesezeit: 2 min. | Auf diesem Bild treffen Elvis Presley, Delbert Sonny West und Jerry Schilling 1970 Richard Nixon im Weißen Haus. Nixon, ein Mann der Nachkriegs-50er Jahre, wollte sich modisch nicht weiterentwickeln und lehnte es ab, Koteletten (engl. sideburns) zu tragen.
Kürzlich hatten meine Frau und ich Freunde zum Abendessen. Traditionell plaudern wir über Wirtschaft (er ist Wirtschaftsprofessor) und Kunst, Politik und so weiter. Aber wir reden auch über unterhaltsamere Dinge, wie zum Beispiel über Abenteuer, die wir erlebt haben, als wir jünger waren, damals, als uns das Versagen des Schulsystems nicht so sehr störte, weil es noch keine Kinder und keine Pandemie gab. An solchen Abenden sprechen wir auch über banale Dinge, die von unvorhergesehener Bedeutung sind (Kreativität ist eher ihre Rolle). Ein Thema an diesem Abend waren Koteletten und warum sie mit dem Aufkommen des bärtigen Mannes von heute zu einer kostbaren Spezies wurden.
Nun, ich habe früher Koteletten getragen. Nicht die, die Elvis Presley in seinen späten Jahren trug, eher die dezente Variante von Steve McQueen. Aus irgendeinem Grund, meiner Abneigung gegen das Rasieren oder dem Zeitgeist geschuldet, bin ich auf einen normalen Bart umgestiegen. Mit der Begeisterung meiner Freundin für Koteletten, habe ich den Rasierer ausprobiert. Ordentlich rasiert und mit einem frischen Satz Koteletten ausgestattet, recherchierte ich, warum Koteletten im Englischen sideburns genannt werden.
Aber ich bin nicht den direkten Weg gegangen, wie z. B. die Suche im Web nach dem Begriff sideburns. Ich wusste nicht einmal, dass ich nach sideburns suchte. Ich habe nach nichts Bestimmtem gesucht. Und während ich nach nichts Bestimmtem suchte, erfuhr ich auf Wikipedia, dass es im 19. Jahrhundert eine ausgeprägte Düsseldorfer Schule der Malerei gab, neben Paris und Wien, die damals für die bildenden Künste vorherrschend waren.

Das hat mein Interesse geweckt, denn die Düsseldorfer Kunstakademie war die Alma Mater meiner Mutter in den 60er Jahren, als Düsseldorf neben New York das Weltzentrum der bildenden Künste war, mit Joseph Beuys als geistigem Oberhaupt. Er ist der Mentor von Generationen von Künstlern, die seinen Gedanken bis heute folgen. Beuys‘ berühmte Prägung „Jeder Mensch ein Künstler“ war immer die Kernbotschaft meiner Mutter und ist tief in den Genen meiner Familie verwurzelt.

Als ich die Liste der Düsseldorfer Schule durchstöberte, stieß ich auf Namen wie Arnold Böcklin (er malte die schrägsten klassizistischen Bilder seiner Zeit und inspirierte Komponisten wie Gustav Mahler und Surrealisten wie Salvador Dalí und Max Ernst) und Worthington Whittredge. Ich erwähne Whittredge, weil er mich bei meinem Link-Klick-Bemühungen zu Emanuel Leutze geführt hat.

Whittredge, selbst ein Held der amerikanischen Malerei, ist auf einem Gemälde seines Kollegen Emanuel Leutze abgebildet, der wiederum eine Zeit an der Düsseldorfer Kunstakademie verbrachte (die beiden Männer lernten sich dort kennen). Leutze wurde später der renommierteste amerikanische Künstler jener Zeit.

Emanuel Leutze malte das weltberühmte Gemälde George Washington crosses the Delaware, das im Metropolitan Museum of Art, New York, ausgestellt ist und den Schlussstein der American Gallery bildet, von dem ich die Ehre hatte, es persönlich in seiner ganzen Größe und Kraft zu betrachten.
Beim Durchblättern von Leutzes Oeuvre im Internet blieb ich bei einem Gemälde stehen, das einen Unionsgeneral des amerikanischen Bürgerkriegs mit lächerlich großen Koteletten zeigt. Sein Name: Ambrose Burnside. (Warum Koteletten im Deutschen Koteletten heißen, finde ich auch noch raus. Kann allerdings noch Jahre dauern. Ich melde mich dann.)
