Reading time: 2:30min Nach Marx ist der Konsum eine unumgängliche Notwendigkeit in unserem Leben. So auch Konsum Farben.
In der kognitiven Farbtheorie unterscheiden wir Farben in zwei Kategorien. Die erste Kategorie sind Farben, über die wir nicht nachdenken. Die zweite Kategorie sind Farben, die unsere Aufmerksamkeit erregen, ob wir wollen oder nicht.

Die ersten Kategorien nenne ich Konsumentenfarben. Sie werden von uns ohne weiteres Nachdenken und größere Gefühle konsumiert. Karl Marx beschreibt den Konsum als ein Hamsterrad des Alltagslebens: Wie am ersten Tag seines Erscheinens auf der Erdenbühne, so muss der Mensch noch jeden Tag konsumieren, bevor und während er produziert. 1 Für Marx beinhaltet der Konsum die lebensnotwendige Erfordernis desselben, denn zu seiner Zeit war Konsum für die allermeisten Menschen keine Option, sondern eine Frage von Leben oder Tod. In der heutigen Überflussgesellschaft wird der Konsum als Vorsorge für Leib und Leben zusätzlich zu einer Versorgung der Psyche mit Belohnungen und Suchtpotenzial, die in Kaufsucht enden kann. Trotz aller Exzesse zeigt der Konsum auch heute noch die Routine des täglichen Lebens.

Wovon wir viel haben, das schätzen wir erst, wenn es fehlt. So fallen in Zeiten des Klimawandels die rotbraun verdorrten Fichten und Tannen bitterlich auf. Die Farbe Grün gewinnt in diesem Zusammenhang für den aufmerksamen Betrachter eine größere Bedeutung als noch vor einigen Jahren, als die Fichten und Tannen noch ausreichend Wasser bekamen. Ähnlich geht es uns mit der Farbe Weiß, die früher im Winter unsere Welt mit Schnee bedeckte und heute mit großem Aufwand in Form von umweltschädlichem, fragwürdigem Skiurlaub konsumiert werden muss – wenn man es sich leisten kann. Nach wochenlangem Regen freuen wir uns über das Auffreißen des blauen Himmels. Dann verlässt der blaue Himmel die Bühne unserer Aufmerksamkeit als Selbstverständlichkeit und wird, wie das Brötchen am Frühstückstisch, wieder zu einem Konsumprodukt des Alltags.

Konsumentenfarben sind also nicht unwichtig. Im Gegenteil, sie spielen eine wichtige Rolle, sind nicht passiv oder im Hintergrund. Doch ihre Wertschätzung geht im Alltag verloren, wie bei Zahnpasta und Brötchen. In der Verknappung aber wird uns ihre Bedeutung schmerzlich bewusst, und sie erfahren in der Abwesenheit die verdiente Wertschätzung, bis sie endlich wieder verfügbar sind.
Eine typische Konsumfarbe in der westlichen Kultur ist Blau, da das Auge im Alltag ohne weitere Diskussion Blau am Himmel oder in der Kleidung konsumiert. Rot hingegen ist anders. Für viele Menschen ist es DIE Signalfarbe, nicht nur als Ampel oder in Verkehrsschildern, sondern zum Beispiel auch in der Kleidung. Ein rotes Abendkleid sagt: Achtung – schaut her, ich habe etwas vor!

In unserer westlichen Kultur ist Grün, ebenso wie Blau, eine typische Konsumfarbe. Im Frühling und Frühsommer fällt nur interessierten Menschen auf, wie viele Grüntöne es in der Natur gibt. Für die meisten von uns ist das Grün des Waldes oder des Parks ein optisches Konsumgut, das wir ohne weiteres Nachdenken akzeptieren. In diesem Zusammenhang finden wir z. B. rote oder orangefarbene Rosen leuchtend und aufmerksamkeitserregend.
Der Dialog zwischen Signalfarben und Konsumfarben, der sich zu einem offenen Konflikt entwickeln oder in der Bedeutungslosigkeit einer Nebensächlichkeit versinken kann, zeigt die Macht der Konsumfarben. Ohne sie sind die Signalfarben nur Krach oder konturloser Alarm.