Lesedauer: 4:00min | Was sich mir bei meiner Beschäftigung mit dem Brotbacken wieder bestätigt hat: Oft ist das Timing genauso entscheidend für das Ergebnis wie die Teilnehmer. Und manchmal muss man geduldig sein.
Erstens: Ich bin ein absoluter Amateur im Brotbacken. Mein Wissen habe ich mir hauptsächlich durch Stöbern im Internet angeeignet und dann durch praktische Beschäftigung weiter ausgebaut. Das meiste, was ich dort lese, kann ich bestätigen. Allerdings wirken die Rezepte oft etwas willkürlich (was sie bei genauerem Hinsehen meist nicht sind).
Brot besteht aus drei Zutaten: Mehl, Wasser und ein wenig Salz. Diese werden so vermischt, dass ein weicher, knetbarer Teig entsteht, der idealerweise nicht klebt und leicht salzig schmeckt. Dann wird der Teig zu einem Laib geformt und Hitze ausgesetzt, bis er durchgebacken ist. Das Ergebnis ist ein Stein an dem wir uns die Zähne ausbeißen. Was ist passiert?
Ähnlich wie bei einem Ziegelstein, der aus Sand, Schluff und Ton mit Wasser zu einem Teig verbunden und dann gebacken (gebrannt) wird, vermischen sich beim Brot die Mehlpartikel und deren Eiweiß mit dem Wasser und gehen durch die Hitze eine feste Bindung ein. Je nach Mehlsorte wird die Bindung so eng und fest, dass das Brot zu einem trockenen Stein wird. Ihm fehlt die Luft und Flexibilität, die echtes Brot in seiner Krume hat und die es erst genießbar macht.
Wie bei einigen anderen Lebensmitteln, z. B. Sauerkraut, Wein oder schwarzer Tee, ist Fermentieren der Schlüssel zum Erfolg. Auch Brotteig muss fermentieren, um später zu brauchbarem Brot zu werden. Hefepilze sind das Mittel der Wahl, da sie durch ihre enormen Wachstumsraten schnell zu guten Ergebnissen führen. Je nach Temperatur braucht die Hefe weniger als 2 Stunden, um den Teig zu gären und mit Gas zu füllen, so dass er backfertig ist. Die Industrie produziert jeden Tag viele Tonnen Hefe. Sie finden ihre Abnehmer in der Brau- und Backindustrie und bei einer Million Privatkunden, mich eingeschlossen. Doch Brot, das nur mit Hefe gebacken wird, schmeckt nicht vollmundig. Es fehlt ihm an Säure und Geschmackstiefe, und außerdem funktioniert mit Hefe gebackenes Roggenmehl eher schlecht als recht.
Deshalb kommt der Sauerteig ins Spiel. Beim Sauerteig werden die Hefen nicht manuell zugegeben, sie entwickeln sich im Teig durch die Luft. Dabei entstehen aber noch viele andere Dinge, wie zum Beispiel die Milchsäure, die dem Sauerteig seinen Namen gibt und das Roggenbrot backfähig macht.
Sauerteig zu züchten ist einfach. Wir nehmen etwas Mehl, sagen wir einen gehäuften Esslöffel (jedes Mehl geht, Roggen und Dinkel funktionieren besonders gut), fügen die Hälfte des Gewichts an Wasser hinzu und vermischen beides zu einem Teig. Dann warten wir einen Tag bei warmer Zimmertemperatur. Dann fügen wir einen weiteren Esslöffel Mehl hinzu und fügen die Hälfte des Gewichts an Wasser hinzu und warten einen weiteren Tag. Das machen wir eine Woche lang. Der Teig ist nun richtig gewachsen, riecht sauer und bildet Blasen. Der saure Geruch kommt von der Milchsäure, die Blasen von der Hefe. Wir testen nun den Teig, indem wir zwei Esslöffel des Sauerteigs nehmen und etwa 200g Mehl und 100g Wasser dazugeben. Nach 10-14 Stunden muss der Teig seine Größe verdoppelt haben, reichlich Blasen aufweisen und angenehm säuerlich riechen. Von diesem Sauerteig nehmen wir 250g zum Backen und stellen den restlichen Sauerteig in den Kühlschrank für die nächste Runde.
Was mich zu meiner Viertel-Regel bringt: 1 Teil Sauerteig, 2 × 1 Teil Mehl und 1 Teil Wasser. Als Rezept für ein Roggenmischbrot wären das 250 g Aktivsauerteig, 1 × 250 g Weizenmehl, 1 × 250 g Roggenmehl und 1 × 250 g Wasser, was am Ende ca. 1 kg Brotteig ergibt. Füge je nach Geschmack 15-20 g Salz hinzu und backe ca. 50-60 Minuten. Das Brot wird auf diese Weise immer gut. Wenn man den Roggenanteil durch Weizen ersetzen, erhaltet man ein wunderbar rustikales Weizenbrot, vorausgesetzt, der Sauerteig wurde mit Weizenmehl gefüttert.
Wir bestimmen die Gärung durch die Ruhezeit und die Temperatur. Die besten, reproduzierbaren Ergebnisse erhalte ich, wenn der Teig 2 Stunden in der mit einem Deckel abgedeckten Teigschüssel bei warmer Raumtemperatur ruht (verdoppelt seine Größe). Weitere 45min – 60min Ruhe kommen nach dem Kneten in der sog. Gärung hinzu, z.B. als Brotlaibteig auf dem Backblech, schön abgedeckt und mit Folie vor dem Austrocknen geschützt. Die Hoffnung, dass eine Verlängerung der Ruhezeit bei gleicher Temperatur die Fermentierung verbessern würde, führt zu schlechteren Ergebnissen.
Bei kühlen Temperaturen, wie z. B. im Kühlschrank, gelten jedoch ganz andere Regeln. Bei niedrigen Temperaturen können Teige 24 Stunden lang langsam gären und sich wunderbar entwickeln. Das ist gut für Pizzateig, zum Beispiel, oder für ein schönes Baguette am Sonntagmorgen.
Zum Schluss noch ein Wort zum Kneten oder Wirken des Teigs. Es ist einer der Kerntricks des Brotbackens. Beim Wirken des Teigs in eine runde Form geht es darum, den Teig nach der ersten Ruhezeit zu festigen und ihn dann für die zweite Ruhezeit/Gärung in die geplante Form zu bringen. Wirken ist das wiederholte Ziehen, Ablegen und Wenden des Teiges, bis er fest und elastisch geworden ist. Je nach Teig ist das eine Sache von einer Minute, vor allem wenn Sie ein geübter Bäcker sind (die können das mit zwei Teiglingen gleichzeitig machen).
Ok. Hier, meine Standard-Rezepte in meiner Viertel-Regel (wie bei jeder Regel kann es an einem gewissen Punkt sinnvoll sein, sie zu brechen).
Roggenmischbrot:
- 250 g Weizenmehl (Vollkorn)
- 250 g Roggenmehl (Vollkorn)
- 250g aktiver Roggensauerteig weich
- 250 g(ml) Wasser
- 1 Teelöffel Trockenhefe (wenn Sie kein Vertrauen in Ihren Sauerteig haben)
- 15-20g Salz
- 50-60 Minuten Backzeit, 10 Minuten bei 250 Grad Celsius mit ein wenig Wasser im Ofen (ca. ein Glas), dann bei 200 Grad ausbacken.
Dinkelbrot mit Kürbiskernen
- 500 g Dinkelmehl, vorzugsweise dunkel
- 250g aktiver Dinkel-Sauerteig
- 250ml Wasser
- 1 Teelöffel Trockenhefe (wenn Sie kein Vertrauen in Ihren Sauerteig haben)
- 15-20g Salz
- 2 Handvoll Kürbiskerne
- 50-60 Minuten Backzeit, 10 Minuten bei 250 Grad Celsius mit ein wenig Wasser im Ofen (ca. ein Glas), dann bei 200 Grad ausbacken.
Weizenbrot vom Lande
- 500 g Weizenmehl (dunklerer Typ)
- 250g aktiver Weizensauerteig
- 250ml Wasser
- 1 Teelöffel Trockenhefe (wenn Sie kein Vertrauen in Ihren Sauerteig haben)
- 15-20g Salz
- 50-60 Minuten Backzeit, 10 Minuten bei 250 Grad Celsius mit ein wenig Wasser im Ofen (ca. ein Glas), dann bei 200 Grad ausbacken.